Lochow, Juni 2021

Mittsommer im Havelland.

Vom 13. bis 24. Juni behausten wir wieder eine Ferienwohnung der Familie Zemlin, dieses mal ohne wirklich im Urlaub zu sein („on workation“). Die erste Woche bescherte uns sehr heißes Wetter mit meist klarem Himmel, während es in der zweiten Woche etwas abkühlte.

Die freie Zeit verbrachten wir mit der Bestimmung von Vogelstimmen, dem Zählen von Glühwürmchen und den Erinnerungen der Ilse Gräfin von Bredow, mit denen uns unsere Vermieter reichlich versorgten. Die Gräfin hatte Ihre Kindheit in Lochow verbracht und später literarisch verarbeitet. Das Gutshaus derer von Bredow ist noch heute direkt an der Dorfstraße zu finden, etwas versteckt hinter wuchernden Hecken.

Während der „weißen Nächte“ ist Deepsky-Beobachtung wenig sinnvoll, daher ließ ich den 14″ zuhause und erfreute mich an Sonne, Mond und Leuchtenden Nachtwolken.

Als transportables und schnell einsatzbereites Gerät war die Russentonne, montiert auf einer AZ-3, dabei, die ich gleichermaßen visuell und fotografisch mit der Canon genutzt habe.

Russentonne
100/1000 Maksutov „Russentonne“ hier bei der Sonnenbeobachtung

Für die Mondaufnahmen ließ ich den Mond durch das GF des nicht nachgeführten Gerätes wandern. So ergaben sich Videosequenzen von bis zu 1 Minute.

Zu Beginn der ersten Woche verfolgte ich gelegentlich einen kleinen kompakten Fleck auf der nördlichen Hemisphere der Sonne (Nr. 2833), der eine Penumbra aufwies, aber im Laufe der Tage keine wesentliche Veränderung zeigte. Lediglich am 16. 6. bemerkte ich 3-4 winzige Begleiter. Gegen Ende der Woche verlor ich das Interesse daran.

Der Mond zeigte sich zu Beginn noch als dünne Sichel und stand in der Dämmerung hoch genug um ein paar Aufnahmen zu wagen.

Mond am 13.06.2021 - 22:52 MESZ
Die Mondsichel am 13. 6. 2021 – 22:52 MESZ,
darunter in knapp 2° Abstand der Mars (auf 7 Uhr).

Mit zunehmender Phase wurden die Kulminationshöhen immer geringer, so dass er sich kurz vor unserer Abreise kaum noch vom lokalen Horizont lösen konnte.

Der Mond am 15. 6. 2021

Mond 15. 6. 2021 - 19:36:45 UTC

Mittlere Aufnahmezeit:  19:36:45 UTC
Alter: 5,36 Tage / Phase: 25,78% / Colongitude: 337,98°

Aufnahme mit der Russentonne (100/1000 Maksutov), EOS 600D, HD Videomodus. Verarbeitung mit Autostakkert & Fitswork.

Die Verarbeitung eines Videos von 56 Sek. brachte hier einen leichten Gewinn an Detailerkennung gegenüber der Aufnahme von Einzelbildern.

Am mittleren Terminator zeigt sich das immer wieder gerne gesehene Kratertrio Theophilus, Cyrillus und Catharina, darunter deutlich die Rupes Altai.

Der Mond am 17. 6. 2021

Mond, 17. 6. 2021

Mittlere Aufnahmezeit:  20:13:12 UTC
Alter: 7,39 Tage / Phase: 46,49% / Colongitude: 2,75°

Aufnahmetechnik wie oben.

Auffällig am Terminator ist hier die lange Reihe der großen Krater Ptolemaeus, Alphonsus (fast im Schatten),  Arzachel, Purbach, Regiomontanus und, am auffälligsten, Walther.

Leuchtende Nachtwolken am 18./19. 6. 2021

Die NLC bemerkten wir etwa eine halbe Stunde bevor dieses Bild entstand. Zu dieser Zeit erstrekten sich auffällige, gut sichtbare Filamente über den gesamten NW-Horizont bis in eine Höhe von über 30°. Als die Kamera endlich fertig eingerichtet war hatte sich die Pracht schon beinahe verzogen.

Leuchtende Nachtwolken, Lochow, 18. 6. 2021

Das Foto zeigt den größten Teil der verbliebenen NLC, die eine Höhe von immerhin noch 14° erreichten. Blickrichtung ist 331°, Sonnenstand -11,4°. Himmelshintergund ist der NW-Teil des Fuhrmanns, zwischen Luchs und Zwillinge.

Am folgenden Morgen bei etwas höherem Sonnenstand zeigten sich nur schwache, dafür ausgedehnte Streifen am NO-Himmel.

NLC am Morgen des 19.06.2021
NLC am Morgen des 19.06.2021 – 03:28 MESZ, Sonnenstand -8,1°

Der Mond am 19. 6. 2021

Mond, 19. 6. 2021

Mittlere Aufnahmezeit: 19:55:58 UTC
Alter: 9,38 Tage / Phase: 68,63% / Colongitude: 27,03°

Aufnahmetechnik wie oben.

Am Terminator oberhalb der Mitte Copernicus und unterhalb der Mitte, isoliert stehend im Mare Nubium, Bullialdus. Im südlichen Kratergewimmel ist Clavius klar ekennbar, links darüber Longomontanus, darüber Wilhelm und ein Stück rechts davon Tycho, dessen Strahlen auf der östlichen Hemisphäre schon deutlich erkennbar sind.
Etwas rechts der südlichen Spitze blicken wir auf den Mondsüdpol.

Glühwürmchen

Gegen Ende der Hitzewelle bemerkten wir auf unseren abendlichen Spaziergängen vermehrt Leuchtkäfer an den Waldrändern am Lochower See und über Naturwiesen, gleich hinter unserem Feriendomizil. Dies zu unserer großen Freude.
Am 19. 6. waren es noch 3, am 20. schon 31, am 21. kamen wir auf 72, jeweils im Laufe von 30-45 Minuten. Gezählt ist hier aber die Anzahl der Leuchterscheinungen. Da die Käfer in der Dunkelheit schwer voneinander zu unterscheiden sind, sind doppelte Zählungen möglich und wahrscheinlich.
Am 22. 6. wagten wir uns ein paar Schritte in den Wald hinen und haben bald aufgehört zu zählen.

NLC am 23. 06. 2021

An diesem Abend hatten wir Kamera und Stativ dabei, denn wir wollten die Glühwürmchen auch einmal fotografieren. Dies schlug fehl, denn denn es waren kaum noch Käfer anzutreffen. Möglicherweise wegen der nun kälteren Temperaturen oder auch, weil die Schwärmzeit vorbei war und die Käfer nach vollzogener Paarung binnen weniger Tage sterben.

Lochower See bei Nacht
Der Lochower See am Abend des 23. 6. 2021. Links im Vordergrund ist schwach die Leuchtspur eines Glühwürmchens zu erkennen.

Stattdessen zeigten sich ab 23:15 Uhr auffällig helle NLC. Der hellste Teil erstreckte sich von 312° im NW bis 25° im NO, erreichte in der Höhe aber nur ca. 12°.

Nordwestlicher Teil:

NLC am 23. 6. 2021
NLC am 23. 6. 2021 – 23:27 MESZ, Sonnenstand -10,9°, Blickrichtung ca. 330°, Luchs

Nordöstlicher Teil:

NLC am 23. 6. 2021
NLC am 23. 6. 2021 – 23:45 MESZ, Sonnenstand -11,9°, Blickrichtung 12°, Perseus

Für die Abwesenheit der Glühwürmchen war ich damit weitestgehend entschädigt.