HTT 2018

Das 19. Herzberger Teleskoptreffen fand in der Woche vor dem Neumond am 9. 9. 2018 statt, wie schon seit 2008 in Jeßnigk im Elbe-Elster-Land. Wie im Vorjahr reisten wir bereits am Mittwoch (5. 9.) an.

Die Abordnung unserer AG war auch dieses mal zahlreich vertreten. Karsten und Jürgen hatten ihre 12-Zöller dabei. Der 14″ Dobson und mein 8×40 FG mussten natürlich mit.

1. Nacht, 5.-6. 9.

Wetter: Zu Beginn der nacht klar (unerwartet), mittl. bis gutes Seeing bei der Planetenbeobachtung. 22:50 – 23:40 durchziehende Wolkendecke, danach meist klar mit nur gelegentlich durchziehenden Wolken.

Objekte:

Jupiter, nur kurz im PL32 (59x), nicht lohnend, da zu niedrig.

Saturn (Skizze)
Saturnbeobachtung am 5. 9. 2018

Gleich weiter zu Saturn: Beobachtet bei 136x (ES14), später auch 211x (HR9). Anfangs mäßiges Seeing, später besser, blickweise sehr gut. 4 Monde vermeintlich sicher gesehen + Cass. Teilung + Wolkenband auf der N-Halbkugel, welches sich etwas gelblich abhob.
Titan habe ich zunächst für einen Stern gehalten, da er sich senkrecht zur Ringebene aufhielt. Umgekehrt hielt ich einen ca. 10mag-Stern für einen Mond, da er sich scheinbar in der Ringebene aufhielt. In der Nachlese lies sich all das natürlich aufklären s. Skizze).

Kurz Mars mit dem HR9 (211x) besucht. Fast keine Albedostrukturen erkennbar, nur etwas fleckig. – Steht zu niedrig.

21:15 – 21:45 Uhr:

Fangen wir oben an:
NGC 188 (= C1) Polarissima Cluster (OH, Cep): Das nördlichste Caldwell-Objekt (DE 85°) bei 63x (ES30) & 106x (ES18). Der Haufen ist recht groß (ca. 15′). Bereits bei 106x geht der Haufencharakter verloren. Einzelne helle Sterne scheinen im Vordergrund zu stehen. Dahinter sind ca. 20-30 Sterne mittl. Helligkeit auflösbar, dahinter eine zahlreiche Population noch schwächerer Sterne, die sich bei 106x erst richtig auflösen. Bei 63x wirkt der Hintergrund fleckig.

NGC 40 (Skizze)
NGC 40

22:15 – 22:50 Uhr (Durchsicht nicht perfekt):
NGC 40 (= C2) Bow-Tie Nebula (PN, Cep):
Nach ca. 15 min. Suche gefunden. Zum Aufsuchen habe ich das ES18 verwendet, da der PN recht klein ist (ca. 0,5′) und im ES30 leicht für einen Stern gehalten werden kann.
Auf den ersten Blick wirkt er kreisrund. Der ZS sticht hell hervor. Genauere Beob. mit dem HR9 (das ED75 war zuviel): Zwei gegenüberliegende Viertel d. äußeren Begrenzung sind deutl. heller und in einem Fall auch schärfer nach außen begrenzt. Die dunkleren Viertel wirken diffus. Indirekt scheint es, dass der PN genau in dieser Achse etwas elongiert ist (unsicher).

22:50 Uhr:
Abbruch wegen hereinziehender Wolken, gerade als ich den PN Jürgen zeigen wollte.

23:40 Uhr:
Es klart auf. Nur noch vereinzelt Wolken.

21P/Giacobini-Zinner: Der Komet hat ca. 7 mag und bewegt sich südwärts durch den Fuhrmann. Steht bis 0:00 Uhr noch recht niedrig. Schweif ansatzweise zu erkennen. Unterbrechung durch Wolken.

1:30-1:50 Uhr:
Himmel wieder größtenteils klar: Noch einmal 21P: Der Komet ist jetzt strukturierter zu erkennen, der Schweif auf ca. dem 5-fachen der Breite der Koma zu verfolgen. 21P hat sich gegenüber 23:40 Uhr merklich weiterbewegt.

gegen 2:40 Uhr:
NGC 185 & NGC 147, zwei Zerg-Glx in Cas. Beob. mit j.b.. V = 63x (ES30). NGC 185 ist diffus, rund, evtl. etw. oval, schwach aber direkt sichtbar. NGC 147 ähnlich, aber noch schwächer. Direkt schwierig, besser indirekt.

IC 10 (Glx, Cas) gesucht, den genauen Ort identifiziert, die Glx war aber nicht zu sehen (vgl. HTT 2016, 2. Nacht). Wahrscheinl. war der Himmel durch den Mond schon zu aufgehellt (MA war 1:47 Uhr).

bis 2:50 Uhr:
NGC 891 (Glx, And) im ES 14 (136x): Anfangs Staubband indirekt, danach war der Himmel eindeutig zu hell.

ca. 3:00 -5:00 Uhr (nicht durchgehend):
Mond: Phase abnehmend. Aristarch und Vallis Schröteri liegen schön im Abendlicht. Die Gegend ist etwas vom Terminator entfernt und setzt sich durch den unruhigen Grund von der Glätte der umgebenden Maregebiete ab.
Das Seeing wird im Laufe der Beobachtung immer besser. Zahlreiche kleine Krater werden im Maregebiet sichtbar.

gegen 5:00 Uhr:
Abbruch der Beobachtung. Bewölkung nimmt bedrohlich zu und es dämmert.

Mond am 6. 9. 2018
Mond am 6. 9. 2018, afokal. Etwa in der Bildmitte die Aristarchus-Region, links oberhalb davon Marius und Reiner.

2. Nacht, 6.-7. 9.

Zu Beginn der Nacht noch 6-7 Achtel Bewölkung. Mäßiger Wind aus S. Es blieb die Nacht über taufrei.

Versuch einer Aufsuchhilfe für M 57
Versuch einer Aufsuchhilfe für M 57

M 57 (PN, Lyr) durch Wolkenlücken beobachtet, um eine von Karsten angeregte Methode zum schnellen Aufsuchen zu erproben: Zwischen β Lyr und M 57 befindet sich ein nahezu gleichseitiges Dreieck (s. Skizze). Ergebnis: Ja, könnte funktionieren, das Muster ist aber nicht allzu auffällig, die Sterne haben ca. 10 mag.
Danach ES14 mit 2,25x Barlow kombiniert, um eine möglichst hohe Vergr. zu erzielen (V: ca. 306x, AP 1,16 mm). Damit (mal wieder) nach dem ZS geschaut, aber wieder nicht gesehen.

Saturn, kurz. Titan ist etwas weiter gewandert. Blickweise zwei weitere Monde auf der O.-Seite.

ca. 22:00 – 22:30 Uhr:
Es klart zunehmend auf, am Ende vollständig. Die Transparenz ist aber nicht besonders gut. Ich beobachte entsprechend den Vorschlägen im diesjährigen Skyguide einige Objekte im Herkules:

M 92 (KH, Her) ist ja eigentlich bekannt, aber immer wieder gerne gesehen. Der KH erscheint hell und kondensiert.

NGC 6229 (KH, Her): „Ach ist der süß!“ Ein schöner kleiner KH, der ähnlich M 13 von zwei Sternen flankiert wird, das Ganze aber in viel kleiner. Der KH lässt sich nicht in Einzelsterne auflösen, wirkt aber indirekt etwas fleckig. Es erinnert mich an meine ersten Beobachtungen von M 13 mit dem 70/700 Skylux im Jahr 2007. (s. a. WHAT 2017, 1. Nacht)

M 13 – bekannt, ganz in der Nähe
NGC 6207 (Glx, Sc, ca. 11 mag, Her): Nur die Helligkeit des nahestehenden M13 sorgt dafür, dass man diese Glx meist übersieht. An sich ist sie mit 10-14″ gut beobachtbar. Sie zeigt sich in dieser Nacht etwa 1:4 elongiert und im Zentrum blickweise „unruhig“.
(Nachtrag: bei dieser Beobachtung war mir nicht bewusst, dass ich die Glx bereits im Jahr zuvor auf dem WHAT beobachtet hatte. Damals hatte ich notiert „1:2 elongiert“. Dies erklärt sich, wenn man die Glx auf Fotos betrachtet (z. B. › hier): 1:2 ist eigentlich richtig. Die Außenbereiche der langen Seiten sind schwächer. Werden diese nicht wahrgenommen, erscheint die Glx 1:4 elongiert.)

100 Her (DS) Ein DS aus zwei gleich hellen (5,9 mag) Sternen gleicher Farbe, problemlos zu trennen (Abst. 14,2″).

α Her, Ras Algethi (DS): Deutl. enger (4,8″) als 100 Her, aber immer noch recht gut zu trennen. Schöner Orange-Blau-Farbkontrast.

DoDz 9 (OH, Her): Ein angebl. 0,5° großer OH, bestehend aus ca. 50 Sternen 8-11 mag. Ich habe im ES30 etwas gesehen, was dieser Beschreibung entspricht, jedoch fast ohne Kondensation und ohne erkennbaren Haufencharakter. Die Beobachtung sollte gelegentl. mit kleinerem Instrument (evtl. FS) wiederholt werden.

NGC 6210 Schildkrötennebel (PN, Her): Kleiner, heller PN, der beim Aufsuchen schon an seiner intensiv türkisen Färbung erkennbar ist. Bei mittl. V. zeigt sich bereits seine leicht ovale Form. Bei hoher V. sollten sich auch innere Strukturen zeigen, die heute aber wegen schlechtem Seeing nicht erkennbar sind.

ab ca. 23:50 Uhr:
NGC 7479 Superman-Glx (Balkenspirale im Pegasus): In k.s  12″ bei 48x (31er Nagler) beobachtet. (Aufsuchen im eigenen Teleskop war danach nicht mehr möglich, da eine Wolkendecke heranrückte.)
Im direkten Sehen wirkt die Glx klar länglich, dabei etwas unregelmäßig. Indirekt teilt sie sich in einen hellen, sehr geraden Balken innen und etwas unruhiges schwaches Äußeres, was blickweise rundlich wirkt. Dies scheinen die Spiralarme zu sein.
Die Beobachtung ist insges. erfolgreicher als bei den letzten Versuchen (vgl. WHAT / Lochow 2017).

ca. 0:00 Uhr:
Da es im O. noch klar war, zum Abschluss noch einmal 21/P aufgesucht. Der Komet ist weiter durch den Fuhrmann gewandert. Hinsichtl. Detailwahrnehmung nichts Neues. Kurz auch mit dem 8×40 FS gefunden, aber bald wieder verloren.
Jetzt wurde die Sicht auch im O. schlechter. – Ende der Beobachtung.


3. Nacht, 7.-8. 9.

Wetter: Der Abend beginnt mit einer geschlossenen Wolkendecke. Ein 2-armiger Tief-Ausläufer zieht von W. durch. Gegen 0:30 Uhr ist der erste Arm durch und es beginnt von W. her aufzuklaren. Gute Transparenz.

1:00 Uhr:
IC 10 (Glx, Cas): Es scheint von den drei beobachteten Zwerg-Glx in Cas* die Schwierigste zu sein. Bei genauer Kenntnis der Lage ist eine schwache, diffuse Aufhellung wahrnehmbar. Die Ausdehnung changiert je nach Betrachtung (direkt/indirekt) etwas. In jedem Fall ist das wahrnehmbare Ausmaß kleiner als auf der Karte verzeichnet. Das Zentrum markiert ein schwacher (ca. 13 mag) Stern, wahrscheinlich im Vordergrund.
Beobachtung mit dem ES30 (ES18 geht auch).

(* gemeint sind NGC 185, NGC 147 und IC 10, allesamt Mitglieder der lokalen Gruppe und Begleiter von M 31.)

NGC 6934 (KH, Del) in k.s 12″ mit 31 Nag. (48x, AP 6,2 mm): Klein, kompakt, nicht aufgelöst. Hätte etwas mehr Vergr. vertragen.

Skizze NGC 7479
Skizze NGC 7479: wohl genauer gezeichnet als gesehen, denn die Spiralarme sind spiegelverkehrt gezeichnet.

NGC 7479 Superman-Glx (mal wieder) im ES14 (mit s.h. & j.g.): Heute wegen vorübergehend sehr guter Transparenz die bisher erfolgreichste Beobachtung. Indirekt sind die Spiralarme zu erkennen.

Leider war keine Zeit mehr, eine richtige Zeichnung anzufertigen, da jetzt von W. der 2. Arm des Tief hereinzog.
Nach Durchzug der 2. Wolkendecke war die Transparenz nur noch mäßig und zudem unbeständig. Ich verlege mich auf einfache Objekte:

NGC 457 Eulenhaufen (OS, Cas) im EF42, mit vielen Gastbeobachtern (Steffi, Juliana, Linda, Jürgen, Wolfgang): Die Eule ruft auch diesmal allgemeine Freude und Begeisterung hervor.

Kurz vor der vollst. Bewölkung war im O. ein Fleck klarer Himmel, wo ich M 1 (SnR, Tau) besuchte. Die Form war gut zu erkennen, die innere Struktur war nur durch eine leichte Fleckigkeit angedeutet.

1:45 – 2:30 Uhr:
Unterbrechung der Beobachtung (Wolken)

NGC 7479 (Glx, Peg):  Ich wollte eigentlich eine Zeichnung machen. Als ich dafür alles parat hatte, zogen wieder Wolken herein. – Abbruch.

NGC 891 (Glx, And) (weil es dort gerade noch klar war): Zu Beginn noch sehr gute Transparenz. Das Staubband ist indirekt kein Problem. Beste AP mit dem ES18.

NGC 772 (Glx, Ari) an k.s 12″ bei 48x: Keine Struktur, schwach, evtl. etwas elongiert.

Da es sich erneut immer mehr zuzog wurden noch schnell und kurz ein paar Paradeobjekte angefahren, die kein langes Aufsuchen erfordern: M 37, M 36, M 38 nebst NGC 1907, sowie M 35 nebst NGC 2158.

3:20 – 3:45 Uhr:
Unterbrechung der Beobachtung (Wolken)

Zum Schluss noch kurz M 42 (EN, Ori) als astronomischer Absacker. – Ende der Nacht.


8. 9., tagsüber

Nachmittags wiederholtes Auftreten von hellen Nebensonnen. Zudem ein sehr heller, bunter Zirkumzenitalbogen.

Nebensonnen am 8. 9. 2018
Nebensonnen am 8. 9. 2018
Zirkumzenitalbogen am 8. 9. 2018
Zirkumzenitalbogen am 8. 9. 2018, ca. 17:00 Uhr

4. Nacht, 8.-9. 9.

Wetter: Von Beginn an meist 7/8 – 8/8 hohe Bewölkung. Zwischenzeitlich klart es in Zenitnähe kurzzeitig auf. Für schwierige Objekte ist es durchweg zu diesig.

21:15 Uhr:
erstes Aufklaren. Mit Wolfgang kurz NGC 457 betrachtet, danach Wolkenpause.

22:30 Uhr:
Wolkenlücke, SQM: 21,24 m/″2

NGC 7023 (= C4) Irisnebel (OH+RN, Cep), gesucht, ohne konkrete Vorstellung von dessen Aussehen. Nicht gesehen oder gefunden.

NGC 6543 (= C6) Katzenaugen-Nebel (PN, Dra): Nach langer Suche gefunden. Der PN zeigt sich ab mittl. V. (z. B. 136x) oval, ist sehr hell und auffällig türkis. Versuche mit hohen V. (ES14+HB, ED75 und j.b.s 5 mm) zeigen keine weiteren (inneren od. äußeren) Strukturen. Schuld war v. a. das schlechte Seeing, aber auch fehlende Ruhe.
Beim Versuch den UHC an Jürgens 5er anzubringen den PN verloren.
(-> Wiedervorlage, da geht mehr)

23:55 Uhr: SQM: 21,20 m/″2

Später in der Nacht habe ich das Teleskop eingepackt, da das Wetter zu unbeständig war. Stattdessen mit den Anderen mit FG beobachtet:

M 37, M 36, M 38 kein Problem. Der Komet 21/P macht mir im 8×40 Schwierigkeiten. Er ist nur bei genauer Kenntnis der Lage und nur indirekt sichtbar.

Ende der Nacht.


Insgesamt ein schönes Treffen. Habe viele alte Bekannte getroffen, viele interessante Gespräche geführt, z. B. eine sehr ausführliche Vorführung der Technik der Elsterland-Sternwarte durch MiMo.
Vom Brockwitzer habe ich einen sehr guten 1,25″-Justierlaser erstanden.

Das Wetter ließ etwas zu wünschen übrig, trotzdem bin ich mit der beobachterischen „Ausbeute“ nicht ganz unzufrieden.

Am Sonntag ging es weiter nach Lochow…

Skygazer
Die Beobachtergruppe bei der Huldigung des Zirkumzenitalbogens